Ein schönes Gedicht

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getkiss
schrieb am 10.08.2011, 22:05 Uhr
Danke @ Knuppes:
Neue Aufgaben stehen im Raum,
gelassen beginnst du zu sieben,
doch im Stillen träumst du den alten Traum,
von Leben, Lachen und Lieben
.
Knuppes
schrieb am 18.08.2011, 10:28 Uhr
@ getkiss
Wenigstens einer liest noch Gedichte.
„Gedichte sind gemalte Fensterscheiben“ heißt es bei Goethe,
erst nach eingehender Betrachtungsweise erschließt sich Sinn und Schönheit der Poesie.



Psst

Träume deine Träume in Ruh.
Wenn du niemandem mehr traust,
Schließe die Türen zu,
Auch deine Fenster,
Damit du nichts mehr schaust.
Sei still in deiner Stille,
Wie wenn dich niemand sieht.
Auch was dann geschieht,
Ist nicht dein Wille.
Und im dunkelsten Schatten
Lies das Buch ohne Wort.
Was wir haben, was wir hatten,
Was wir ...
Eines Morgens ist alles fort.

(Joachim Ringelnatz)


Knuppes
schrieb am 23.08.2011, 17:08 Uhr
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Sonnenuntergang
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Am Untersaum
des Wolkenvorhangs
hängt der Sonne
purpurne Kugel.
Langsam zieht ihn
die goldene Last
zur Erde nieder,
bis die bunten Falten
das rotaufzuckende Grau
des Meeres berühren.

Ausgerollt ist
der gewaltige Vorhang.
Der tiefblaue Grund,
unten mit leuchtenden Farben
breit gedeckt,
bricht darüber
in mächtiger Fläche hervor,
karg mit verrötenden
Wolkengirlanden durchrankt
und mit silbernen Sternchen
glitzernd durchsät.
Aus schimmernden Punkten
schau ich das Bild
einer ruhenden Sphinx
kunstvoll gestickt.

Eine Ankerkugel,
liegt die Sonne im Meer.
Das eintauchende Tuch,
schwer von der Nässe,
dehnt sich hinein in die Flut.
Die Farben blassen,
mählig verwaschen.
Und bald strahlt
vom Himmel zur Erde
nur noch
der tiefe, satte Ton
blauschwarzer Seide.

(Ch. Morgenstern)
Knuppes
schrieb am 06.09.2011, 20:34 Uhr

Der September

Das ist ein Abschied mit Standarten
aus Pflaumenblau und Apfelgrün.
Goldlack und Astern flaggt der Garten,
und tausend Königskerzen glühn.

Das ist ein Abschied mit Posaunen,
mit Erntedank und Bauernball.
Kuhglockenläutend ziehn die braunen
und bunten Herden in den Stall.

Das ist ein Abschied mit Gerüchen
aus einer fast vergessenen Welt.
Mus und Gelee kocht in den Küchen.
Kartoffelfeuer qualmt im Feld.

Das ist ein Abschied mit Getümmel,
mit Huhn am Spieß und Bier im Krug.
Luftschaukeln möchten in den Himmel.
Doch sind sie wohl nicht fromm genug.

Die Stare gehen auf die Reise.
Altweibersommer weht im Wind.
Das ist ein Abschied laut und leise.
Die Karussells drehn sich im Kreise.
Und was vorüber schien, beginnt.

(Erich Kästner)

Mynona
schrieb am 06.09.2011, 23:18 Uhr
Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

RILKE
Knuppes
schrieb am 08.09.2011, 17:56 Uhr
Stiehlt sich da doch eine heimliche Träne in die Augen...?


Elegie von Abschied und Wiederkehr

Ich weiß, ich werde alles wiedersehn.
Und es wird alles ganz verwandelt sein,
ich werde durch erloschne Städte gehn,
darin kein Stein mehr auf dem andern Stein -
und selbst noch wo die alten Steine stehen,
sind es nicht mehr die altvertrauten Gassen -
Ich weiß, ich werde alles wiedersehen
und nichts mehr finden, was ich einst verlassen.

Der breite Strom wird noch zum Abend gleiten.
Auch wird der Wind noch durch die Weiden gehn,
die unberührt in sinkenden Gezeiten
die stumme Totenwacht am Ufer stehn.
Ein Schatten wird an unsrer Seite schreiten
und tiefste Nacht um unsre Schläfen wehn -
Dann mag erschauernd in den Morgen reiten,
der lebend schon sein eignes Grab gesehn.

Ich weiß, ich werde zögernd wiederkehren,
wenn kein Verlangen mehr die Schritte treibt.
Entseelt ist unsres Herzens Heimbegehren,
und was wir brennend suchten, liegt entleibt.
Leid wird zu Flammen, die sich selbst verzehren,
und nur ein kühler Flug von Asche bleibt -
Bis die Erinnrung über dunklen Meeren
ihr ewig Zeichen in den Himmel schreibt.
(Carl Zuckmayer)
Knuppes
schrieb am 12.09.2011, 16:32 Uhr

Herbstbild

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.

Friedrich Hebbel
(1852)
Knuppes
schrieb am 15.09.2011, 22:45 Uhr
Herbstlied

Bunt sind schon die Wälder,
Gelb die Stoppelfelder,
Und der Herbst beginnt.

Rote Blätter fallen,
Graue Nebel wallen,
Kühler weht der Wind.

Wie die volle Traube,
Aus dem Rebenlaube,
Purpurfarbig strahlt !

Am Geländer reifen
Pfirsiche mit Streifen
Rot und weiß bemalt.

Sieh ! Wie hier die Dirne
Emsig Pflaum` und Birne
In ihr Körbchen legt !

Dort, mit leichten Schritten,
Jene goldne Quitten
In den Landhof trägt !

Flinke Träger springen,
Und die Mädchen singen,
Alles jubelt froh !

Bunte Bänder schweben,
Zwischen hohen Reben,
Auf dem Hut von Stroh !

Geige tönt und Flöte
Bei der Abendröte
Und im Mondenglanz

Junge Winzerinnen
Winken und beginnen
Deutschen Ringeltanz.

Freiherr Johann Gaudenz von Salis-Seewis, (1762-1834)
Knuppes
schrieb am 22.09.2011, 23:13 Uhr
Der Herbst

Rings ein Verstummen, ein Entfärben:
wie sanft den Wald die Lüfte streicheln,
sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln;
ich liebe dieses milde Sterben.

Von hinnen geht die stille Reise,
die Zeit der Liebe ist verklungen,
die Vögel haben ausgesungen,
und dürre Blätter sinken leise.

Die Vögel zogen nach dem Süden,
aus dem Verfall des Laubes tauchen
die Nester, die nicht Schutz mehr brauchen,
die Blätter fallen stets, die müden.

In dieses Waldes leisem Rauschen
ist mir als hör' ich Kunde wehen,
daß alles Sterben und Vergehen
nur heimlich still vergnügtes Tauschen.

Nikolaus Lenau (1802 - 1850)

Mynona
schrieb am 23.09.2011, 00:02 Uhr
Septembertag

Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit,
die dich befreit, zugleich sie dich bedrängt;
wenn das kristallene Gewand der Wahrheit
sein kühler Geist um Wald und Berge hängt.

Dies ist des Herbstes leidvoll süße Klarheit.

Christian Morgenstern
Knuppes
schrieb am 26.09.2011, 17:15 Uhr
Augen in der Großstadt

Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? vielleicht dein Lebensglück ...
vorbei, verweht, nie wieder.

Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang,
die dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hast's gefunden,
nur für Sekunden ...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider;
Was war das? kein Mensch dreht die Zeit zurück ...
Vorbei, verweht, nie wieder.

Du musst auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Es sieht hinüber
und zieht vorüber ...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider.
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.
(Kurt Tucholsky)
Knuppes
schrieb am 03.10.2011, 15:43 Uhr
Herbst

Astern blühen schon im Garten,
Schwächer trifft der Sonnenpfeil.
Blumen, die den Tod erwarten
Durch des Frostes Henkerbeil.

Brauner dunkelt längst die Heide,
Blätter zittern durch die Luft.
Und es liegen Wald und Weide
Unbewegt in blauem Duft.

Pfirsich an der Gartenmauer,
Kranich auf der Winterflucht.
Herbstes Freuden, Herbstes Trauer,
Welke Rosen, reife Frucht.

(Detlev von Liliencron)

Knuppes
schrieb am 05.10.2011, 21:49 Uhr
Der Einsame

Wer einsam ist, der hat es gut,
Weil keiner da, der ihm was tut.
Ihn stört in seinem Lustrevier
Kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,
Und niemand gibt ihm weise Lehren,
Die gut gemeint und bös zu hören.
Der Welt entronnen, geht er still
In Filzpantoffeln, wann er will.
Sogar im Schlafrock wandelt er
Bequem den ganzen Tag umher.
Er kennt kein weibliches Verbot,
Drum raucht und dampft er wie ein Schlot.
Geschützt vor fremden Späherblicken,
Kann er sich selbst die Hose flicken.
Liebt er Musik, so darf er flöten,
Um angenehm die Zeit zu töten,
Und laut und kräftig darf er prusten,
Und ohne Rücksicht darf er husten,
Und allgemach vergisst man seiner.
Nur allerhöchstens fragt mal einer:
Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,
Ich dachte längst, er wäre tot.
Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
Lässt sich das Glück nicht schöner malen.
Worauf denn auch der Satz beruht:
Wer einsam ist, der hat es gut.

(Wilhelm Busch)
Haiduc
schrieb am 27.10.2011, 17:24 Uhr
Auf ödem Raum, pflanz einen Baum,
Die Zeit verrinnt, Du merkst es kaum,
Einst blüht in seinem Schatten
Deines Enkels Traum.

(unbekannt)
kokel
schrieb am 09.11.2011, 15:17 Uhr
Frische Fahrt

Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mut`ger Augen lichter Schein;
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluss,
In die schöne Welt hinunter
lockt dich dieses Stromes Gruß.

Und ich mag mich nicht bewahren!Weit von Euch treibt mich der Wind,Auf dem Strome will ich fahren,Von dem Glanze selig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen,Hoch Aurora flammend weht,
Fahre zu! Ich mag nicht fragen,Wo die Fahrt zu Ende geht!

Joseph von Eichendorff

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