Ein schönes Gedicht

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Wanderer
schrieb am 23.09.2007, 04:06 Uhr
Deine Seele ist ein Vogel

Deine Seele ist ein Vogel,
stutze ihm die Flügel nicht,
denn er will sich doch erheben
aus der Nacht ins Morgenlicht.

Deine Seele ist ein Vogel,
stopf nicht alles in ihn rein.
Er wird zahm und satt und träge,
stirbt den Tod am Brot allein.

Deine Seele ist ein Vogel,
schütze ihn nicht vor dem Wind.
Erst im Sturm kann er dir zeigen,
wie stark seine Flügel sind.

Deine Seele ist ein Vogel,
und er trägt in sich ein Ziel.
Doch wird er zu oft geblendet,
weiß er nicht mehr,was er will.

Deine Seele ist ein Vogel.
Hörst du ihn vor Sehnsucht schrein,
darfst den Schrei du nicht ersticken,
bleibt er stumm,wirst du zu Stein.

Deine Seele ist ein Vogel,
stutze ihm die Flügel nicht,
denn er will sich doch erheben
aus der Nacht ins Morgenlicht.

Gerhard Schöne
Karel Will
schrieb am 24.09.2007, 22:08 Uhr
Eine gut gelungene und belehrende Aufführung!
Tatsächlich, ein schönes Gedicht!
MfG
Wanderer
schrieb am 17.02.2008, 16:22 Uhr
Den Tag schön machen.
Begeistert sein vom Licht,
von der Liebe,von den guten Menschen und den guten Dingen.
Freundlich sein und herzlich
zu dem alten Mann,zu den Kranken,den Behinderten,den Enttäuschten,
den Betrogenen und den vielen Unglücklichen,
die keinen Platz mehr an der Sonne fanden.
Ihnen und allen Menschen um mich herum den Tag schön machen.
Mehr brauche ich eigentlich nicht zu tun,um selber glücklich zu sein.

Phil Bosmans
der Ijel
schrieb am 20.02.2008, 00:51 Uhr
„Abendlied an die Natur“

Hüll mich in deine grünen Decken
Und lulle mich mit Liedern ein!
Bei guter Zeit magst du mich wecken
Mit eines jungen Tages Schein!
Ich hab mich müd in dir ergangen,
Mein Aug ist matt von deiner Pracht;
Nun ist mein einziges Verlangen,
Im Traum zu ruhn durch deine Nacht.[15]
Gottfried Keller

--ich wurde bei guter Zeit mit eines jungen Tages Schein geweckt, und bin gleich darauf über dies gestolpert.
der Ijel

Wanderer
schrieb am 29.07.2008, 17:56 Uhr (am 30.07.2008, 00:46 Uhr geändert).
Die Repser Burg von Michael Albert

Aus Gartengrün und Ährengarben
in hoher,trotziger Gestalt
erhebt der Berg,gefurcht mit Narben,
die Felsenstirne von Basalt.

Drauf ruht,dereinst dem Feind zum Hohne,
und blickt ins Land so kühn,so weit
die turmgeschmückte Mauerkrone,
Burgtrümmer aus vergang‘ner Zeit.

Es liegt ein traurig tiefes Schweigen
hier ums verwitterte Gestein;
nur dunkle Wolkenschatten steigen
hoch über Wall und Turm herein.

Wie Geister aus den Heldentagen
ziehn riesengroß sie ein und aus,
wo pfeilgetroffen,schwertgeschlagen,
der Feind gestürzt im Sturmgebraus.

Jetzt tobt hier um die Felsenspitzen
der Wind nur statt der lauten Schlacht
und jagt aus tiefen Mauerritzen
den flücht‘gen Vogel in die Nacht.

O Felsenburg, mit ernstem Mahnen
zeigst du in die Vergangenheit,
ein Grabesdenkmal unsrer Ahnen-
doch sei kein Bild der künft‘gen Zeit!

Weh,wenn wir diesen Mauern gleichen,
so trüb erhellt vom Abendschein,
ein öder Bau voll Trümmerleichen,
ein still zerfallendes Gestein!

Dann steig aus deiner Felsenhalle,
o Burggeist,auf in wildem Zorn,
und stoße du zu weitem Schalle
den Weckruf in dein Geisterhorn:

Daß denen,die im Tale schlafen,
Entsetzen das Gebein erfüllt.
Dann zeige du, das Volk zu strafen,
in seinen Burgen ihm sein Bild!
Wittl
schrieb am 29.07.2008, 19:33 Uhr (am 29.07.2008, 19:37 Uhr geändert).
Auf einem Blatt gesummt

Ich erzähl dir ein Märchen: Von Blumen, ganz kahl-
sie schrein in den Nächten in unserem Tal,
von Elstern im Nest,
von kranken Schnecken, von hungrigen Eichhörnchen im Geäst.

Das ganze Tal weint über sie-
du hörst es nie.

Ich will dir erzählen: Der Acker frisst meinen Schweiss.
Ich liebe ihn so, wie niemand es weiss.
Ich wäre gern so klein, wie lustige Spatzen sind.
Bin wie des Ackers Vater, bin wie sein Kind.
Bin wie Sklave und Herr vor lauter Sklavenpflicht.
Diesen Strich zwischen Himmel und Erde bemerkst du nicht.

Ich will dir so viele Märchen erzählen-
such dir eins heraus.
Aber kein einziges deutest du aus.

(Tudor Arghezi/ Deutsch von Heinz Kahlau)

Wanderer
schrieb am 05.08.2008, 19:42 Uhr (am 05.08.2008, 20:14 Uhr geändert).
Decebalus von Michael Albert

Hoch wogt die Saat im Winde,und wie gewiegt im Kahne
schwankt drin der Mohn,umgeben von blauer Zyane‘.
Wie war es einst so anders,wo diese Saaten schimmern
und üppig blühn und reifen auf grauer Vorwelt Trümmern!

Hoch an dem Saum der Bergschlucht,wo öde Wildnis trauert,
und wo der Aar im Horste bei seinen Jungen kauert,
stehn einer Waldburg Trümmer auf mächt‘gen Felsenquadern,
mit denen Wind und Regen viel hundert Jahre hadern.

Kaum findet drin ein Vogel noch Schutz zu seinem Neste,
und nur die Sage schlummert im öden Trümmerreste!
Es lagert Totenstille am Tore der Ruinen,
darüber geh‘n die Wolken wie ein Geschlecht von Hünen.

Doch dann und wann entsteigen Gestalten hier den Grüften
in rostig morschem Harnisch,die Schwerter um die Hüften;
der eine unter ihnen,das ist der Dakenkönig,
die andern seine Krieger-Gestalten stark und sehnig.

„Sucht Ulpia Traiana,die stolze Römerfeste,
daß ich sie schleifend gebe der Rabenbrut zum Neste!“
Die Krieger gehn und kommen und bringen ihm die Kunde:
„Kein Römer ist zu fnden in Dakias weiter Runde;

verrauscht sind wie vom Sturme hinweggepeitschte Wogen
Gepiden,Goten,Hunnen mit giftgetränkten Bogen-
du kannst an deinen Feinden dein schweres Leid nicht rächen,
du kannst dem Römerkaiser sein mächtig Schwert nicht brechen;

wie wir im wilden Kampfe geblutet und gerungen,
längst sind die Taten alle vergessen und verklungen.
Vergänglichkeit zermalmte Schwert,Kron‘ und Heldenmale,
und föhlich singt ihr Liedchen die Schnitterin im Tale.“



‘Zyane: Kornblume.




Wittl
schrieb am 13.08.2008, 22:42 Uhr
Wenn du ein Mensch bist

Wenn du ein Mensch bist,
schau dich um, vergiss es nicht,
denn es hat jeder,
es hat jeder ein Gesicht.

Und es hat jeder einen
eigenen grossen Traum,
der eine weiss es, und
der andere weiss es kaum.

Der eine lebt und bleibt
den grossen Träumen treu.
Der andere geht vielleicht
an allem nur vorbei.

Und wer dich fragt
nach einem Ziel, dem zeige eins.
Denn es hat jeder ein Gesicht,
und du hast deins.

(von Rose Nyland)
der Ijel
schrieb am 24.08.2008, 17:00 Uhr
Wolkenbruch
ein tropfen, der aus allen wolken fällt:
so will ich meinwärts in den leeren himmel fallen
im rasend stillen sturz von allen
tropfen, die fallen,
einer sein.
will
mein in form gegossenes leben
der schwere anvertrauen
und regnen
regnen
regnen
um mich
letztendlich
meiner ledig
dem ozean anheimzugeben
der uferlos in jenem abgrund liegt,
den aus dem wolkenbruch
der sinnesstille
mein blindes sehnen
einen herzschlag lang
erblickt.
Adelheid Anna König (Wien, 2002)
Wittl
schrieb am 23.10.2008, 20:11 Uhr (am 23.10.2008, 20:18 Uhr geändert).
Geliebte, Wenn ich Denke...

Geliebte, wenn ich denke an unser Los zuzeiten,
Dann sehe ich das Eismeer von mir sich fernhin breiten;
Am winterlichen Himmel ist weit kein Stern zu sehen.
Es starrt der gelbe Mond nur, ein Fleck, aus seinen Höhen;
Doch über tausend Schollen, die mit dem Wasser triften,
Hält flügellahm ein Vogel sich einsam in den Lüften,
Indessen die Gefährtin gen Abend weiterzieht
Und mit der Schar der andern den Blicken bald entflieht.
Er sieht ihr nach, solange sein Aug das Bild noch hält,
Nichts reut ihn, nichts erfreut ihn... Und während er schon fällt,
Versetzt er in Sekunden um Jahre sich zurück.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ach, Liebste, immer ferner entschwindet uns das Glück,
Mit jedem Tag verdüstert sich mehr und mehr mein Sinn,
Du aber schwingst dich weiter zu ewigen Tagen hin.

(Mihai Eminescu "de câte ori iubito" ü.v.Dieter Roth)
gelesen in "Romanian Voice"
Wanderer
schrieb am 01.06.2009, 15:08 Uhr (am 01.06.2009, 17:21 Uhr geändert).
Über alle Gräber wächst zuletzt das Gras

Gedicht von Friedrich Rückert

Über alle Gräber wächst zuletzt das Gras,
Alle Wunden heilt die Zeit,ein Trost ist das,
Wohl der Schlechteste,den man dir kann erteilen;
Armes Herz,du willst nicht das die Wunden heilen.
Etwas hast du noch,solang es schmerzlich brennt;
Das Verschmerzte nur ist tot und abgetrennt.
Wanderer
schrieb am 19.05.2011, 10:18 Uhr
Lied der Auswanderer


Wandern lasst uns, lasst uns wandern,
Einen fröhlich nach dem Andern,
Sei´s nach Wien, nach Bukarest
Sei´s nach Linz, nach Budapest,
Sei´s nach New York, nach Berlin,
Oder sei´s nach Wisconsin; -
Lasst den Stecken mit dem Ranzen
Uns in fremden Boden planzen!


Eisen schleppen auf dem Rücken
In Amerikas Fabriken
Stund um Stund, Tag um Tag,
Sklaverei ist´s, Todesplag;
Doch wer wird daheim im Korn
Tilgen Weidenbusch und Dorn!
Pflug und Karst - wir lassen´s andern; -
Wandern lasst uns, lasst uns wandern!

Sind wir nicht, wir edle Sachsen,
Bloß zur Herrlichkeit gewachsen?
In der Heimat Dürfigkeit
Ist denn das ein leben heut?
So ein Leben, das uns ziemt,
Seidenweich und goldgeblümt? -
Laufen lasst uns, lasst uns wandern,
Einen fröhlich nach dem anderen!


Krumm an einem Schreibtisch sitzen,
Täglich dreizehn Stunden schwitzen,
Kaum zu Essen kurze Frist -
Wenn´s nur in der Großstadt ist!
Hol der Henker fern daheim Schurzfell,
Hobel, Säg´ und Leim!
Höher steh wir als die andern; -
Laufen lasst uns, lasst uns wandern!

Zwar, wenn wie zu Hause blieben
Unser tagwerk hier betrieben,
Standhaft trügen Not und Müh´n,
Würden Haus und Äcker blühn,
Wär´ des armen Volks Bestand
Kräftiger in Stadt und Land; -
Doch das lassen wir den anderen; -
Laufen lasst uns, lasst uns wandern!


Haben endlich unsre Haufen
Sich in alle Welt verlaufen,
Hunderttausend Joche dann
Warten auf den Ackersmann;
Offen stehn die Städte weit
Fleißiger Genügsamkeit; -
Aber dies ist für die anderen; -
Laufen lasst uns, lasst uns wandern!

Weiden gibt es, Wies´ und Wälder;
Meilenweite Ackerfelder
Schließen unsre Dörfer ein;
Nur der Menschen Zahl ist klein.
Hände braucht´s das Feld zu bau´n,
Mäuler den Ertrag zu kau´n; -
Doch das lassen wir den andern;
Wandern lasst uns, lasst uns wandern!


Michael Albert
Wanderer
schrieb am 12.06.2011, 07:27 Uhr
Übers Jahr,zur Zeit der Pfingsten

Übers Jahr,zur Zeit der Pfingsten
Pflanz ich Maien dir vors Haus,
Bringe dir aus weiter Ferne
Einen frischen Blumenstrauß.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Martina.Graufendorf
schrieb am 12.06.2011, 23:23 Uhr
Ein Kettenraucher aus Nizza,
der im Tank seines Wagens nach Sprit sah,
der flog mit ’nem Krach
durchs Garagenvordach
einem staunenden Gast in die Pizza.
Knuppes
schrieb am 17.06.2011, 10:38 Uhr
Überlass es der Zeit
Erscheint dir etwas unerhört,
Bist du tiefsten Herzens empört,
Bäume nicht auf, versuch's nicht mit Streit,
Berühr es nicht, überlass es der Zeit.
Am ersten Tage wirst du feige dich schelten,
Am zweiten lässt du dein Schweigen schon gelten,
Am dritten hast du's überwunden;
Alles ist wichtig nur auf Stunden,
Ärger ist Zehrer und Lebensvergifter,
Zeit ist Balsam und Friedensstifter.
(Theodor Fontane)

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