7. August 2007

„Siebenbürgisch-sächsische Kulturwoche“ in Hermannstadt mit Festakt eröffnet

Mit einem Festakt im vollbesetzten Hermannstädter Thalia-Saal ist am 1. August die „Siebenbürgisch-sächsische Kulturwoche” eröffnet worden. Zugegen waren Bischof D. Dr. Christoph Klein, Unterstaatssekretär Dr. Zeno Pinter, die bayerische Staatsministerin Christa Stewens, der Vorsitzende des Landesverbandes Bayern und Stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dr. Bernd B. Fabritius, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen, Dr. Paul Jürgen Porr, sowie weitere Persönlichkeiten aus Staats- und Kulturleben. Die Namen der geladenen Festredner standen symbolisch für die grenzübergreifende Zusammenarbeit der Siebenbürger Sachsen und ihrer aktuell gebliebenen Schlüsselstellung im Dialog zwischen den Kulturen. Ein musikalisch-künstlerisches Programm bot die festliche Umrahmung und eröffnete in seiner Verbindung von Tradition und Zeitkultur einen ersten Ausblick auf das reichhaltige Programm der „Sächsischen Kulturwoche”.
Die im Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms vom 1. bis 8. August in Hermannstadt veranstaltete „Siebenbürgisch-sächsische Kulturwoche” gründet auf einer umfassenden kulturellen Gemeinschaftsleistung des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Dieses gemeinsame Projekt besitzt auf internationaler Ebene Signalkraft: Es veranschaulicht den von den Siebenbürger Sachsen geleisteten Brückenschlag zwischen Ost und West und erschließt der sächsischen Bevölkerung die Möglichkeit, auf ihre Gründungsverdienste und Kulturleistungen am Ort ihrer „heimlichen” Hauptstadt hinzuweisen.

Im Zeichen der prägenden historischen und gegenwärtigen Rolle der sächsischen Kultur für Siebenbürgen stand die glanzvolle Eröffnungsfeier im festlichen Thalia-Saal. Namens der Gastgeber überbrachten Paul Jürgen Porr und Bernd Fabritius ihre Grußworte. Dr. Paul Jürgen Porr stellte in seiner Begrüßungsrede fest, dass der Kampf gegen die von jeher befürchtete „Finis Saxoniae” in Siebenbürgen erfolgreich sei angesichts der sächsischen Präsenz im politischen Leben, ihrer funktionierenden Institutionen und Medien, aber auch angesichts ihres bestehen gebliebenen Gemeinschaftsgefühls, besonders in Hermannstadt. Im Namen des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen sprach er allen an der Kulturwoche Beteiligten Dank aus.

Das Selbstverständnis der Siebenbürger Sachsen als „grenzüberschreitende Gemeinschaft” in einem „immer bunteren, gemeinsamen Europäischen Haus” strich auch Bernd Fabritius als einen der Grundpfeiler gegenwärtiger siebenbürgisch-sächsischer Identität heraus. Deshalb sei es selbstverständlich, dass die Siebenbürger Sachsen aus Deutschland ihren Beitrag zum Kulturhauptstadtprogramm gemeinsam mit jenen Landsleuten, die in Siebenbürgen leben, erbrächten. Aufgrund ihres historischen Verdienstes, an exponierter Stelle im Osten „klare Akzente abendländischer Kultur” gesetzt zu haben, und angesichts der kulturellen Verbindung zu Luxemburg als dem zentralen Herkunftsgebiet der Siebenbürger Sachsen, die letztlich zu einer Partnerschaft der beiden Kulturhauptstädte 2007 geführt habe, sei es ebenfalls selbstverständlich, dass siebenbürgisch-sächsische Kultur in den Veranstaltungen der Europäischen Kulturhauptstadt repräsentiert würde. Er betonte, dass es nur mit Unterstützung durch staatliche Institutionen möglich bleibe, der Musealisierung einer noch lebendigen Kultur vorzubeugen und einen Beitrag zum Zusammenwachsen Europas zu leisten. Dr. Fabritius sprach Unterstaatssekretär Zeno Pinter und Ministerin Christa Stewens, den Landsleuten vom Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen und allen Mitwirkenden im Namen der Landsmannschaft seinen ausdrücklichen Dank aus.
Mit dem Siebenbürgen-Lied fand der Festakt im ...
Mit dem Siebenbürgen-Lied fand der Festakt im Thalia-Saal seinen Ausklang. In der vorderen Reihe ist die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (3. von links) zu sehen, zusammen mit (von links) Dr. Paul Jürgen Porr, MR Dr. Walter Rösner-Kraus, Stellvertretender Abteilungsleiter im Sozialmininisterium, Bischof D. Dr. Christoph Klein, MR Herwig Heide, Persönlicher Referent der Ministerin, Dr. Bernd B. Fabritius und Dr. Zeno Pinter. Foto: Peter Baumgartl
Bischof D. Dr. Klein erläuterte die herzliche Anteilnahme der Evangelischen Kirche am sächsischen Kulturwirken sinnfällig aus der historisch gewachsenen, konstitutiven Verschränkung von Kirchen- und Gemeindeleben: Im Sinne einer „kirchlichen Kultur und einer kulturellen Kirchlichkeit” seien beide in weiten Teilen deckungsgleich. Sowohl hinsichtlich dieses Charakterzuges als auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit belegten die Siebenbürger Sachsen auch heute noch „Einheit in der Vielfalt”. Die Darstellung sächsischer Identität im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres sei – neben denen anderer Ethnien – „eine Blume im bunten Strauß der Kulturen”. Bischof Klein würdigte die von den in Deutschland lebenden Siebenbürger Sachsen zum Ausdruck gebrachte Verbundenheit mit Siebenbürgen und die durch die Landsmannschaft erlebte Förderung der deutschen Minderheit in Siebenbürgen, die nicht zuletzt auch durch die Pflege der Beziehungen zu rumänischen Institutionen und staatlichen Einrichtungen wirksam werde.

Die bayerische Staatsministerin Christa Stewens betonte die fundamentale Rolle der Siebenbürger Sachsen als Grundlage der Entscheidung für Hermannstadt als zweiter Europäischer Kulturhauptstadt 2007. Ihre Kultur sei „ein Schatz, den es weiter zu pflegen und zu bewahren” gelte. Zu ihrer Charakterisierung griff die Ministerin auf ein Zitat von Dr. Konrad Gündisch zurück: Für die Siebenbürger Sachsen sei „die Begegnung, nicht die Konfrontation charakteristisch”. Vorbildlich sei ihre „Liberalität” in doppeltem Sinne: In der Akzeptanz des Anderen einerseits und andererseits darin, sich zu seiner eigenen Identität zu bekennen. Aufgrund der dadurch erfolgreich praktizierten „Strategie der Koexistenz” falle den Siebenbürger Sachsen die Rolle als Mittler zwischen den Völkern innerhalb der Region, aber auch zwischen Ost und West zu. In Anerkennung ihrer Verdienste biete der bayerische Staat den Siebenbürger Sachsen die Möglichkeit, ihre Traditionen und ihre Kultur ungestört zu pflegen, und unterstütze sie und andere von der Tragik des 20. Jahrhunderts besonders betroffene Bevölkerungsgruppen mit einer eigenen institutionellen Infrastruktur. Stewens sprach den beteiligten sächsischen Institutionen ihren Glückwunsch zu dem Programm der „Sächsischen Kulturwoche” aus, verbunden mit dem Wunsch, dass „der Reiz dieser Tage dauerhaft” im Leben der Beteiligten wirksam bleibe.

Dr. Zeno Pinter begrüßte die Anwesenden im Namen der rumänischen Regierung und bekräftigte seine Hoffnung, dass Hermannstadt weiterhin die Kulturhauptstadt der Sachsen bleiben möge. Er erinnerte auch daran, dass der junge Thalia-Saal aufgrund des Verdienstes des Hermannstädter Kreisrates die kulturstiftende Funktion des ehemaligen Hochmeister’schen Theaters an gleicher Stelle fortführen dürfe.

Grüße seitens des Kreisratsvorsitzenden Martin Bottesch überstellte dessen Stellvertreter Iosif Moldovan und formulierte den Wunsch, dass die „Sächsische Kulturwoche” in Zukunft möglichst jährlich stattfinden möge. Abschließend überbrachte der Stellvertretende Präfekt Dorin Popescu die Grüße und Glückwünsche des Präfekten Ion Ariton.
Die Siebenbürger Blaskapelle Augsburg gestaltete ...
Die Siebenbürger Blaskapelle Augsburg gestaltete die musikalische Umrahmung der Eröffnung mit. Foto: Fred Nuss
Die künstlerische Ausgestaltung des Abends übernahmen zahlreiche Teilnehmer aus Siebenbürgen und Deutschland gemeinsam. Musikalisch wurde das Programm durch das Brukenthal-Streichquartett eröffnet und von der Siebenbürger Blaskapelle Augsburg e.V. mit Werken von Ludwig van Beethoven, Martin Thies und Hans Bruss fortgeführt.

Nach den Grußworten erweiterte sich das Kulturprogramm mit Tanzvorführungen und Mundartlesungen. Drei Volkstanzgruppen traten auf: Die Tanzgruppe des Jugendforums Hermannstadt, die Siebenbürgische Volkstanzgruppe Ingolstadt und die Jugendtanzgruppe München. Im Zeichen der Mundartpflege standen zwei Beiträge: Franz Kattesch gab zwei humorvolle Texte von spezifisch siebenbürgisch-sächsischem Schlag zum Besten. Künstlerisch herausragend war der Beitrag von Walter Seidner, Pfarrer von Stolzenburg. Seine Lesung eigener Werke begann mit sinnreichen Anekdoten, die die Vorliebe der sächsischen Mundart für kuriose Wendungen auskostete, und endete mit einer eigenen, berührenden Übersetzung eines der Psalmen Davids ins Sächsische. Sein Aufruf an all jene, die „dem Sächsischen entsagen wollen”, sich stattdessen für seine Pflege verdient zu machen, sei hiermit weitergegeben.

Der feierliche Schlusspunkt des Abends wurde von Publikum und Künstlern gemeinsam gesetzt. Das Siebenbürgen-Lied beschloss die Eröffnungsfeier der „Sächsischen Kulturwoche” und läutete gleichzeitig das siebentägige Defilee der kulturellen Programmpunkte ein.

Frank-Thomas Ziegler

Schlagwörter: Hermannstadt, Kulturhauptstadt, Landsmannschaft, Forum

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