11. Mai 2024

„80 Jahre Siebenbürger Sachsen in Österreich“ - Gedanken und Programm zum Heimattag in Österreich

"Sorge dich nicht, der liebe Gott schützt dich und der liebe Gott ist schon längst dort, an jenem fremden Ort, wo du mit deinem Kind hinkommst.“ Dies sind die bedeutungsvollen trösten sollenden Worte eines Tschippendorfers an sein 20-jähriges Mariechen, als diese mit ihrem einjährigen Sohn im September 1944 gemeinsam mit vielen Müttern und deren Kindern ins Ungewisse aufbrach. Niemand wusste, wohin die Reise ging, der Trennungsschmerz war unsäglich, die Erwachsenen, die sich am Bistritzer Bahnhof verabschiedeten, weinten lauter als die Kinder.
Beim Heimattag 2012 im oberösterreichischen Wels ...
Beim Heimattag 2012 im oberösterreichischen Wels paradiert der Trachtenfestzug über den Welser Stadtplatz, in der ersten Reihe von links: Bundesobmann Hofrat Pfr. Volker Petri, Ehrenobmann Dr. Fritz Frank und Bundesobmann-Stellvertreter Ludwig Niestelberger; zweite Reihe von links: Stellvertretender Bundesvorsitzender Rainer Lehni, SJD-Bundesjugendleiter Elmar Wolff. Foto: Christian Schoger
Diese Ereignisse vor 80 Jahren können wir, die in der dritten Generation nur von Erzählungen die bewegenden Stunden kennen, nicht rückgängig machen. Die Erinnerungen unserer Eltern und Großeltern an die Flucht aus ihren Dörfern in Siebenbürgen können wir Nachkommen nicht auslöschen, das Gefühl der Heimatlosigkeit kennen wir nicht, wir können nur erahnen, was es heißt, alles zurückzulassen, ins Ungewisse aufzubrechen und nur mit der Kraft des Glaubens trotzdem zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.

Als 1944 die im Norden des Karpatenbogens, im sogenannten Nösnerland siedelnde Bevölkerung (Umland der Städte Bistritz und Sächsisch-Regen) sowie aus sieben Grenzgemeinden dieses Gebietes (Felldorf, Rode, Maniersch, Draas, Zuckmantel, Zendersch und Katzendorf) evakuierten Siebenbürger Sachsen vor der herannahenden Ostfront evakuiert wurden, war halb Europa im Aufbruch.

Ihre Flucht endete für die Mehrzahl im damaligen Gau Oberdonau, heute Oberösterreich und im Salzburgischen, einige der Trecks wurden nach Bayern weitergeleitet. In ihren Aufnahmeorten haben sich die Siebenbürger Sachsen mit Fleiß und Ausdauer unter Wahrung ihrer Gemeinschaft und Volkskultur eingelebt und sind heute in ihren Wohnorten anerkannte und geschätzte Bürger. Dem Ende der historischen Besiedlung und kulturellen Prägung der alten Heimat steht der Anfang eines neuen Abschnittes unserer Geschichte mit neuen Gemeinschaftsaufgaben gegenüber.

Die Fluchtbewegung begann am 9. September 1944. In Wagentrecks und Bahntransporten verließen ca. 40 000 Nordsiebenbürger die von ihnen seit Jahrhunderten durch Gemeinschafts- und Familiensinn, evangelische Glaubensfestigkeit, Ordnungssinn, Fleiß und Traditionsbewusstsein kulturell und wirtschaftlich geprägten Heimat. Die Trecks erreichten nach mühevoller Flucht Anfang November die damalige Reichsgrenze. Einige wurden in Niederösterreich von der Roten Armee überrollt und zurückgeleitet, der größere Teil erreichte Oberösterreich, wo ca. 30 000 Flüchtlinge in über 20 Landgemeinden der Bezirke Braunau, Ried, Eferding, Vöcklabruck, Gmunden, Linz-Land, Steyr-Land und Wels untergebracht wurden. Durch Übersiedlungen nach Deutschland, Kanada und USA verringerte sich die Zahl der in Oberösterreich auf Dauer ansässig gewordenen Siebenbürger Sachsen bis 1950 auf ca. 20 000.

Die Zuzügler fanden nach dem Krieg vorwiegend in der Landwirtschaft, im Baugewerbe und später in den Industriebetrieben der Städte Arbeit. Durch ihre Teilnahme am Aufbau des kriegszerstörten Landes, durch die Sozialkontakte des Alltagslebens und auch durch das Bewusstwerden ehemaliger historischer Gemeinsamkeiten zwischen Österreich und Siebenbürgen kam es für die Siebenbürger Sachsen zu einem Integrationsprozess, der vor allem durch das Bekennen ihrer historischen Gemeinschaft und die Pflege ihres Brauchtums und ihrer auch kirchlichen Traditionen seinen Ausdruck findet. Auf diesen Grundlagen haben die Siebenbürger Sachsen in Österreich nach 1945 (rechtlich nach 1954) eine neue Heimat gefunden, in zehn Niederlassungsorten evangelische Kirchen gebaut, ihre Gemeinschaften erhalten und in ihrer Geschichte einen Neubeginn gesetzt. Alle bisher durchgeführten Heimat-, Gedenk- oder Erinnerungstage dienten der Bewältigung und Aufarbeitung der Vergangenheit, die Geschichte ist unveränderlich. Trotz der erlittenen Verluste, der Schicksale, der Heimatlosigkeit sollte die Dankbarkeit an einem Gedenktag im Vordergrund stehen.

Dankbarkeit gegenüber unseren Eltern und Großeltern, die dem Schicksal trotzten und in ihrem Glauben an das Gute, uns, als ihre Nachkommen, eine neue Heimat in Sicherheit und Beständigkeit geschaffen haben. Im Herzen mag die Heimat der Erlebnisgeneration immer noch ihren Platz haben, aber nun sind wir es, die gestalten und das Erbe weitertragen, auch nach 80 Jahren, daher steht der heurige Heimattag unter dem Motto „80 Jahre Siebenbürger Sachsen in Österreich“, zu dem der Bundesverband in Österreich zu den Feierlichkeiten und weiteren Veranstaltungen von 20. September bis 22. September 2024 in die Patenstadt der Heimatvertriebenen in Wels herzlich einlädt.

Freitag, 20. September

Landesmusikschule Wels – Herminenhof – Kammermusiksaal „Concerto“

Leitgedanke der Gedenkveranstaltung: „Vor 80 Jahren – den Wurzeln entrissen“
• 18.15 Uhr Empfang der Festgäste
• 19.00 Uhr Beginn der Gedenkveranstaltung
Erlebnisbericht über den Treck der Gemeinde Tschippendorf über Karoly-Tiszapolgár-Waitzen-Ödenburg nach Vorchdorf in Oberösterreich des Simon Ohler, ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Tschippendorf (rumänisch Cepari) in Siebenbürgen/Rumänien – gelesen vom Schauspieler Denis Riffel, mit musikalischer Umrahmung.

Anschließend gibt es eine Podiumsdiskussion mit geladenen Gästen, moderiert von Dr. Christine Haiden (Journalistin/Autorin/Moderatorin) zum Thema: Erinnerungskultur „Gestern – Heute – Morgen“. Der Abend klingt bei einem Buffet aus.


Zeitgleich Stadthalle (für angereisten Tanzgruppen und Interessierte)
• 19.30 Uhr Abendessen der Tanzgruppen aus dem Ausland. Möglichkeit zur gemeinsamen Tanzprobe aller Tanzgruppen, Begegnungsabend, Vorführungen und Kennenlernen.
• 22.00 Uhr Abendunterhaltung und Ausklang des Abends.

Samstag, 21. September
Stadthalle Wels
• 9.30 Uhr Aufstellung zum Festzug
• 10.15 Uhr Festzug durch die Innenstadt Wels
• 11.15 Uhr Stadthalle Wels Eröffnung des Heimattages durch Bundesobmann Kons. Manfred Schuller; Festansprache und Grußworte der Ehrengäste; Singen der Hymnen mit musikalischer Begleitung der Blaskapellen
• 12.00 Uhr Mittagessen
• 13.30 Uhr Ausstellungseröffnung Kleiner Saal, 1. Stock Stadthalle
• 14.00 Uhr Kulturelles Programm vor der Stadthalle und Tanzvorführungen in der Stadt Wels (bei Schönwetter)
• 17.00 Uhr Gemeinschaftskonzert der Blaskapellen
• 18.30 Uhr Abendessen
• 20.00 Uhr Herbstball mit der Musikband Melody & Freunde, Würzburg

Sonntag, 22. September

• 8.45 Uhr Eintreffen zum Totengedenken bei der Sigmarkapelle, Am Zwinger in Wels, mit Kranzniederlegung.
• 9.30 Uhr Festgottesdienst in der evangelischen Christuskirche, Martin-Luther-Platz 1, Wels.
Schlussworte zum Heimattag von Bundesobmann Konsulent Manfred Schuller

Tracht erwünscht
AGAPE und Ende des Heimattages


Programmänderungen vorbehalten!


Infos zu den Veranstaltungen bzw. Anmeldungen zur Teilnahme am Heimattag erbitten wir an Bundesobmann Kons. Manfred Schuller, E-Mail: manfred[ät]hausschuller.at, Telefon: (00 43-664) 2 44 97 07

Bundeskulturreferentin Ingrid Schuller

Schlagwörter: Österreich, Heimattag, Wels, Nordsiebenbürgen, Flucht

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